In seiner Lesung schilderte Tillmann Prüfer eindrücklich, was man als Vater verpasse, wenn man nur für den Beruf lebt.

Zwischen Bolognese und Beruf, zwischen Gretas Kleider-haufen und Teamleiter-Aufgaben als stellvertretender Chefredakteur des ZEITmagazins – Tillmann Prüfer zieht am Mittwochabend gut 60 junge Väter und andere Literatur-Interessierte in seinen Bann. In der Lesung seines neuen Buchs „Vatersein: Warum wir mehr denn je neue Väter brauchen“ plädierte er einfühlsam, unterhaltsam und tiefgründig für eine aktive Vaterrolle. Den Kulturabend im Kollektiv K organisierte die Katholische Erwachsenenbildung (keb) Ostalbkreis, unterstützt von der Stabsstelle für Chancengleichheit, demografischer Wandel und Integration der Stadt Aalen sowie dem Fachbereich Männer der Diözese Rottenburg-Stuttgart.


„Jedes Ende des Patriarchats ist auch für Männer eine Befreiung!“, „Ein unaufgeräumtes Kinderzimmer ist vielleicht auch einmal ein emanzipatorischer Akt des Kindes“, oder „Vatersein ist das größte Abenteuer, das ein Mann erleben kann!“ Tillmann Prüfer überzeugte mit starken Aussagen an diesem Abend, begann seine Lesung aber humorvoll und ergreifend mit einer Geschichte über seinen eigenen Vater: „Es war ein Tag im Juni, als ich verstand, wozu ein Vater gut ist. Ich war sechs Jahre alt…“ Er erzählte davon, wie er als Kind in einen Teich gefallen war, nicht schwimmen konnte und sein Vater ihn rettete. Von da an war für den jungen Prüfer klar: Ein Vater ist ein Retter, der dich aus jedem Schlamassel herauszieht. Dieses unhinterfragte, kindliche Vaterbild kollidierte schließlich heftig mit der Realität, als er selbst Vater wurde. Prüfer berichtete süffisant von seinen eigenen Fehlern, von seiner klassischen Versorger-Rolle als „Arbeitstier“ bis zur Ansage seiner Freundin, sich aktiv an der Kindererziehung und Haushaltsaufgaben zu beteiligen.

Ein einschneidendes Erlebnis, genauso wie die Einladung seiner Chefs zum Mittagessen: Dem ZEITmagazin fehlte vor einigen Jahren ein Angebot für Eltern – und Prüfer hatte mit vier Töchtern da ja einiges zu berichten. „Erst da fing ich an, wirklich über Vaterschaft nachzudenken“. Seitdem versucht er anderen Vätern zu helfen, aus ihrem Wunsch mehr Verantwortung zu Hause zu übernehmen, Wirklichkeit werden zu lassen. Denn aktuell arbeiten laut Väterreport nur acht Prozent der jungen Väter in Teilzeit. Mit gutem Beispiel geht er auch an diesem Abend voran und beleuchtet positive Seiten: Als Mann habe man heute bessere Voraussetzungen als je zuvor, eine eigene Vaterrolle lustvoll zu gestalten. Vorschriften von außen, enge Schemata seien heute überflüssig. Männer müssten heute für Kinder keine Schattenwesen mehr sein, die müde von der Arbeit nach Hause kämen und kaum Zeit für sie hätten.


Spannungsfeld „Beruf und Familie“ entscheidend


Die Balance zwischen notwendiger Arbeitszeit und Zeit für die Familie wurde am Ende der Lesung auch mit dem Publikum lebhaft diskutiert. Ein Vater wollte wissen, wie man sich das zeitlich gut einteile – Beruf und Vatersein unter einen Hut zu bekommen. Und erzählte dabei auch eine Anekdote vom Bolognese-Mittagessen mit seinen Kindern. Prüfer sieht im Teilzeit-Arbeiten beider Elternteile eine gute Lösung und fügte lächelnd hinzu: „Man kann an Spaghetti nur scheitern!“ Ein anderer Vater schränkte Prüfers Aussage ein, dass Männer eine große Freiheit in der Erziehung genießen würden. „Wenn das Elterngeld ausläuft, dann muss man eben wieder arbeiten!“ Schließlich beeindruckt noch ein weiterer Wortbeitrag eines Vaters: „Es gibt nichts, was mich mehr hat wachsen lassen, als Vater zu sein!“ Und in dieser Mischung aus beruflich-finanziellen Zwängen, bereichernden Erfahrungen als Vater und einer lockeren, wohlwollenden Atmosphäre endete diese Lesung. Informationen zu weiteren Männerabenden der etwas anderen Art, weiteren Veranstaltungen für Junge Erwachsene und Kulturinteressierte oder auch einem Stammtisch für junge Väter finden Sie weiterhin in unserem Programm.